Nachbericht BIO.NRW MEDICA-Forum – „Wenn es an die Nerven geht“
…so lautete der Titel des diesjährigen und nun bereits zum zehnten Mal stattfindenden BIO.NRW MEDICA-Forums. Das Wissenschaftsforum wurde in Kooperation mit den Kollegen vom Cluster NanoMikroWerkstoffePhotonik.NRW und denen des neu formierten Clusters Medizin.NRW gestaltet. Im Mittelpunkt standen „Neurologische Erkrankungen“.
Nach der offiziellen Begrüßung durch den Ministerialdirigenten des Wirtschaftsministeriums NRW Herrn Bütof führte Herr Dr. Leonhard Forstmeier als Moderator durch das Programm.
Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfälle, Multiples Sklerose, Alzheimer und Parkinson nehmen an Häufigkeit immer mehr zu. Sie sind inzwischen in Europa die häufigste Ursache für eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität der Bevölkerung und stellen neben den individuellen Einschränkungen der Betroffenen eine große Belastung der Gesundheitssysteme in Europa dar.
Herr PD Dr. med. Warnke vom Zentrum für Klinische Studien an der Uniklinik Köln (CTCC) gab einen Überblick zu bedeutenden Studienentwicklungen im Bereich der neurologischen Erkrankungen in den letzten Jahren. Das Zentrum selber hat über die Zeit eine umfangreiche Expertise und ein deutschlandweites Netzwerk an klinischen Studieneinrichtungen in diesem Bereich aufgebaut. Damit ist das CTCC ein guter Ansprech- und Kooperationspartner für Studienaktivitäten aller Art im Feld der neurologischen Erkrankungen. Herr Prof. Willbold, Professor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und gleichzeitig Leiter des Institutes für komplexe Systeme am Forschungszentrum Jülich, referierte zu der Frage „Brauchen wir Antiprionika zur Behandlung von Alzheimer?“. Die Neuropathologie der Alzheimer-Demenz ist komplex und noch nicht vollständig verstanden. Sicher ist aber, dass sogenannte Amyloid-Plaques, eine Aggregation von toxischen Beta-Amyloid-Oligomeren, die Funktion der Nervenzellen stören. Verschiedene therapeutische Ansätze der Vergangenheit, die Bildung von Amyloid-Plaques zu verhindern, waren ohne Erfolg. Herr Prof. Willbold nutzt mit seinem Unternehmen priavoid GmbH einen vollkommen neuen Therapieansatz, bei dem Beta-Amyloid-Monomere stabilisiert und gleichzeitig entstandene Amyloid-Oliogomere destabilisiert werden, sodass sie sich wieder auflösen. Ergebnisse einer ersten klinischen Studie Phase I belegen die Sicherheit und Verträglichkeit des neuen Therapiekonzeptes.
Herr Prof. Boroojerdi verantwortet als globaler Leiter die Abteilung für medizinische Lösungen von UCB Biosciences. Er stellte neue Aspekte in der Therapie und Forschung von Morbus Parkinson vor. Eine wesentliche Voraussetzung ist dabei, ein aussagekräftiges Modell zu entwickeln, welches das Voranschreiten der Erkrankung zuverlässig abbildet. Darauf aufbauend können klinische Studien für die Entwicklung von neuen therapeutischen Ansätzen besser geplant und bewertet werden. Zusätzlich nutzt man neue Technologien wie sogenannte „Wearable Sensors“, deren erfassten Langzeitdaten unterstützen ebenfalls, den Verlauf der Erkrankung und die Wirkung neuer Therapieansätze besser bewerten zu können. In Ihrem Vortrag stellte Frau Rebecca Buchholz einen neuen Ansatz von kombinierten Detektionsverfahren vor, die Substanzverteilungen im Körper bzw. im Gehirn noch spezifischer nachweisen können. Anlass zu diesen Studien war die Beobachtung, dass die Gabe von spezifischen Kontrastmitteln (Gadolinium-haltig) mit der Häufung von bestimmten Nierenerkrankungen korrelierte. Die Erklärung lieferte ein kombiniertes Detektionsverfahren aus MRT und Massen-Spektroskopie. MRT-Aufnahmen bieten sehr gute Darstellungen von anatomischen Gegebenheiten, während die Massenspektroskopie Substanzen quantitativ detektiert. Eine Kombination aus beiden Analyseverfahren belegte, dass Gadolinium-haltige Kontrastmittel auch über ein Jahr nach systemischer Applikation noch in deutlich erhöhter Konzentration im Körper/ Gehirn nachweisbar sind. Dieser unerwartete Langzeit-Nachweis lieferte eine potentielle Erklärung zur Korrelation von Kontrastmittelgabe und Erkrankungshäufung. Für die Kombinationsaufnahmen aus MRT und Massen-Spektroskopie lassen sich noch viele weitere Anwendungen denken.
Das vielfältige Programm des diesjährigen BIO.NRW MEDICA-Forums bot genügend Anknüpfungspunkte für Diskussionen, die nach Ende des Forums bei einer guten Tasse Kaffee am NRW-Gemeinschaftsstand weitergeführt wurden.