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Mikroalgen für mehr Nachhaltigkeit

Wie können Algen für ein nachhaltigeres Wirtschaften eingesetzt werden? Dieser Frage widmete das Team von BIO.NRW.eco das Webinar „Algae – Biotechnological Applications“ am 2.12.2021. Über 130 Zuschauer verfolgten weltweit aus 20 Ländern, wie Mikroalgen als alternative Biomasse für neue Wertschöpfung eingesetzt werden können.

Christoph Peiner, Bereichsleiter „Fabric Production“ am Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen, brachte die Vorteile von Mikroalgen auf den Punkt: Sie nutzen CO2 als Kohlenstoffquelle, sie haben hohe Wachstumsraten und können das ganze Jahr über produziert werden. Mikroalgen haben gegenüber Landpflanzen also einige Vorteile und werden als zusätzliche nachhaltige Rohstoffquelle für die Umsetzung einer biobasierten Wirtschaft betrachtet. Darüber hinaus können aus der Algenbiomasse vielzählige funktionelle Chemikalien und Inhaltsstoffe gewonnen werden, was sie zu einer guten Alternative zu fossilen Rohstoffen macht. Das Wertschöpfungspotential für die Industrie ist hoch: Mikroalgen können in vielen verschiedenen Industriezweigen verwendet werden, wie für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, Kosmetika und Feinchemikalien bis hin zu Biokunststoffen.

Es ist daher wichtig, die industrielle Nutzung von Algen voran zu treiben. Ein entscheidender Punkt ist die wirtschaftliche Umsetzung der großtechnischen Produktion von Algen. Dabei müssen Prozesse entwickelt werden, die die Skalierung der hohen Wachstumsraten von Algen erlauben. Zudem sind die für die Algenkultivierung eingesetzten Photobioreaktoren oft energieaufwendig. Dem Thema Prozessentwicklung widmet sich die Firma Algenion aus Köln. Björn Podola, CEO von Algenion, stellte im Webinar ein innovatives Konzept der Biofilmkultivierung vor. Im Vergleich zu Suspensionkulturansätzen spart Algenions Biofilmreaktor zusätzliche Ressourcen bei der Algenkultivierung ein, so dass die Wasser- und Energienutzung reduziert werden kann. Die potentiellen Anwendungen sind vielseitig: Biofilmreaktoren können beispielsweise eingesetzt werden zur Nährstoffproduktion, Pigmentherstellung oder Abwasserbehandlung.

Nicht nur die Kultivierung der Mikroalgen ist in der industriellen Produktion entscheidend, auch die Downstreaming Prozesse stellen einen wichtigen Schritt der Wertschöpfung dar, wie der Vortrag von Greta Canelli, Postdoc an der ETH Zürich in der Gruppe Sustainable Food Processing, verdeutlichte. Greta betrachtete in ihrem Vortrag Algen als Nährstoffquelle. Dabei erklärte sie, dass Mikroalgen zwar eine Quelle für mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren) seien, die Bioverfügbarkeit in kommerziell erhältlichen Algennahrungsmitteln allerdings niedrig sei. Gretas Arbeit zielt darauf ab, die Bioverfügbarkeit von Lipiden sowie von Proteinen zu erhöhen. Dazu setzt sie im Downstream-Processing eine Kombination aus enzymatischen und innovativen physikalischen Aufarbeitungsschritten ein.

Da sind Algen drin!

Das Webinar zeigte auch, wie vielseitig die Anwendungen sind, die auf der biotechnologischen Nutzung von Algen beruhen. In Zukunft werden wir Mikroalgen beispielsweise nicht nur essen, sondern auch tragen. Christoph Peiner vom ITA arbeitet genau an diesem Ziel. Im Rahmen des AlgaeTex-Projekts entwickelt er Textilfasern aus Mikroalgen. In seinem Vortrag beschrieb er, wie Algen-basierte Monomere für die Synthese von Polyamiden und Polestern eingesetzt werden können. Um Algen-basierte Stoffe zu entwickeln ist, sind viele Schritte notwendig. Neue Synthesewege müssen etabliert werden sowie auch das Spinnen und Texturieren der Algen-basierten Polymere. Die Anwendungsdemonstration wird durch die Marke adidas erbracht.

Eine völlig neue Anwendung stellte Sofie Allert, CEO von Swedish Algae Factory, vor. Sie und ihr Team nutzen Algen, um Hightechmaterialien herzustellen. Aus Diatomeen gewinnen sie ein nanoporöses Silica-Material, welches gute Lichtabsorbtionseigenschaften besitzt. Es konnte gezeigt werden, dass der Einsatz des Algen-Materials die Effizienz von Solarzellen steigert. Gleichzeitig kann das Hightechmaterial in Kosmetika eingesetzt werden und dort eine Vielzahl schädlicher Inhaltsstoffen ersetzen, wie beispielsweise Mikroplastik und UV-Filter.

Mikroalgen in der Landwirtschaft – diese Anwendungsmöglichkeit wurde von Holger Klose vorgestellt. Er arbeitet als Leiter der Forschung Alternative Biomasse am Forschungszentrum Jülich an der Entwicklung integrierter Konzepte für die nachhaltige Intensivierung der Pflanzenproduktion. In seinem Vortrag stellte er vor, wie Mikroalgen verwendet werden, um Nährstoffe aus Abwässern zu binden, die dann wiederum in der Pflanzendüngung eingesetzt werden können. Seine Arbeit ist ein gutes Beispiel für die Integrierung einer zirkulären Bioökonomie mit Hilfe von Mikroalgen.

CO2-Reduktion im Fokus

Dem Klimawandel muss mit neuen, ressourcenschonenden Technologien begegnet werden. CO2-Einsparung ist dabei ein großes Thema. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND geht sogar noch weiter: sie möchte Projekte unterstützen, die CO2 langfristig aus der Atmosphäre entfernen. Die SPRIND Challenge Carbon-to-Value ist ein stufenbasierter Wettbewerb zur Förderung von Sprunginnovationen. Über mehrere Jahre werden Teams gefördert, die CO2-basierte Technologien entwickeln, die skalierbar sind und in einem wirtschaftlichen Geschäftsmodell umgesetzt werden können. Ein besonderes Add-on erwartete die Zuschauerinnen und Zuschauer am Ende des Webinars. Jano Costard, Challenge Officer bei SPRIND, hat die Challenge live vorgestellt und stand danach in einem direkten Austausch für Fragen zur Verfügung. Das Informationsangebot wurde gut angenommen und wir hoffen, dass die Challenge für viele eine Option ist, finanzielle Unterstützung für innovative und radikale Ideen zu finden.

Wir freuen uns über die vielen positiven Rückmeldungen zur Veranstaltung. Wir danken den Referentinnen und Referenten, die mit Ihren tollen Vorträgen die Veranstaltung so vielseitig gestaltet haben. Dem Publikum danken wir für die vielen interessanten Diskussionsbeiträge. Ein besonderer Dank gilt der BIO Clustermanagement NRW GmbH für die Unterstützung bei der Umsetzung des Webinars.

SPRIND Challenge Officer Jano Costard im Gespräch mit den Moderatorinnen Jasmin Schubert und Katharina Gräfe.